Tischrede Heinrich Meyer

Tagung ‚Jiddisch und die Mitte Europas' 28.04.2005

Heinrich Meyer
Geschäftsführer Stiftung Presse-Haus NRZ
Herausgeber NRZ

Sehr geehrter Herr Vorsitzender,
Exzellenzen,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

ich begrüße Sie sehr herzlich im Namen der Stiftung Presse-Haus NRZ. Diese Stiftung ist auf vielfältige Weise mit dem Förderverein für jiddische Sprache und Kultur verbunden und dies buchstäblich von Anfang an. Dabei liegen vom Stiftungs- bzw. Vereinszweck her keine zwangsläufigen Berührungspunkte zwischen beiden. Die Stiftung hat sich dem Erhalt und der Stärkung einer unabhängigen freien Presse verschrieben. Der Förderverein hat das Ziel, die historische Entwicklung der jiddischen Sprache und Kultur zu erforschen und zu dokumentieren.

Unsere Stiftung kam durch zwei Persönlichkeiten mit den Projekten des Fördervereins in Kontakt, die für die weitere Entwicklung des Vereins und der Projekte große Bedeutung haben sollten. Es handelt sich dabei um Wilhelm Haferkamp und Dietrich Oppenberg. Der Kontakt wurde zunächst zu Herrn Haferkamp über Dr. Avi-Hai hergestellt. Wilhelm Haferkamp, langjähriger Kommissar und Vizepräsident der Europäischen Union war wie Dietrich Oppenberg Begründer der Stiftung Presse-Haus NRZ und Kuratoriumsmitglied. Beide fanden die Grundidee – die jiddische Sprache und Kultur für die Nachwelt zu erhalten – überzeugend und förderungswürdig. Wilhelm Haferkamp verstarb leider bereits 1994, so dass die weitere Entwicklung sehr stark von Dietrich Oppenberg mit geprägt wurde. Er sorgte für die notwendige finanzielle Flexibilität des Fördervereins, indem er die Geschäftsführung der Rheinisch- Westfälischen Verlagsgesellschaft, zu der ich seinerzeit auch schon gehörte, überzeugte, regelmäßige Spenden zu leisten. Wir entwarfen außerdem auch die Vereinssatzung, Dietrich Oppenberg stellte die Verbindung zwischen Dr. Klaus Schütz und dem Förderverein her und er war derjenige, der durch seine persönliche Bekanntschaft mit Berthold Beitz die Weichen dafür stellte, dass auch die Krupp-Stiftung das Projekt EYDES mit einem sehr namhaften Betrag unterstützte. Dies gilt ebenso für den Gesprächseinstieg bei der nordrhein-westfälischen Landesregierung.
Zusammenfassend kann man also sagen, dass der Förderverein und sein Projekt EYDES ohne Dietrich Oppenberg sicherlich nicht sich so hätten entwickeln können. Er hat die Weichen bis zu seinem Tod am 24. März 2000 entscheidend mitgestellt.

Wer war nun dieser Mensch Dietrich Oppenberg? Er wurde 1917 in Essen geboren, seine sozialdemokratischen Wurzeln und die jüdische Vergangenheit einiger Vorfahren brachten ihn früh in eine Gegenposition zum Nationalsozialismus. Er wurde deshalb wegen illegaler politischer Betätigung zu einer Zuchthausstrafe von 2 Jahren und 9 Monaten verurteilt, die er von 1937 bis 1939 auch ableisten musste.

Dietrich Oppenberg gehörte aufgrund seiner politischen Erfahrungen zu den Persönlichkeiten, die den demokratischen Aufbau der Bundesrepublik im Nachkriegsdeutschland entscheidend mitgeprägt haben. Er wusste, dass eine demokratische Gesellschaft ohne eine freie, unabhängige Presse keinen Bestand hat. Er gehörte deshalb 1946 zu den Mitbegründern der NRZ, der Neuen Ruhr Zeitung. Dieser Zeitung blieb er bis zu seinem Tod, also fast 54 Jahre, als Herausgeber eng verbunden.

‚Wer nur seine eigenen Interessen verfolgt, dient der Gesamtheit wenig. Dies gilt insbesondere für eine demokratisch verfasste Gesellschaft' – so lautete sein Leitsatz. Danach richtete er sich und deshalb wirkte er in den verschiedensten Verbänden und Institutionen mit. Beispielhaft genannt sind dies der Rheinisch-Westfälische Zeitungsverlegerverein, dessen Vorsitzender und Mitbegründer er war, das Versorgungswerk der Presse, das die Altersversorgung der Journalisten regelt. Dieser Institution stand er als Verwaltungsratsvorsitzender von 1951 bis 1998 vor. Dazu kam der Presserat, die Aktion Gemeinsinn, der Deutsche Werberat, die Heinz-Kühn-Stiftung und der Folkwang Museumsverein in Essen, dessen Vorsitz er ebenfalls 15 Jahre lang führte.

Dietrich Oppenberg wurde für seinen Einsatz in all diesen Bereichen hoch geehrt. Er wurde Ehrendoktor und Professor. Ihm wurde die Ehrenplakette der Stadt Essen verliehen und der Bundesverdienstorden der Bundesrepublik Deutschland.

Er war zusammengefasst ein Mensch, der es verdient hat, dass das Andenken an ihn und sein Wirken sichtbar bleibt. In diesem Fall durch Erinnerung an ihn an dieser Stelle.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich wünsche der Tagung weiterhin einen erfolgreichen Verlauf und danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.